01 Dezember 2008

Inseln der Zukunft


Wolfgang Müller stellt in seinem Buch „Inseln der Zukunft“ den Menschen in den Mittelpunkt seiner sozialen und psychologischen Betrachtungen einer globalisierten, wirtschaftsdominierten und individualisierten Welt. Er schildert, wie wenig der heutige moderne Mensch seine tiefen Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung nutzt. Ob in Kindheit, Jugend (Schule) oder Erwachsenenzeit (Erwerbsarbeit, Medienwelt etc.) geht es oft ausschließlich darum, sich äußerlich zu entwickeln, im Sinne des Systems fast maschinenartig zu funktionieren. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie es gelingen kann, dass jeder von uns innerlich stärker und souveräner wird, wie man den äußeren Kräften standhalten kann, wie wir ihnen etwas Tieferes und Kraftvolleres entgegensetzen können.
Es geht um ein Entwicklungsmodell des Menschen, in dem jeder von uns (1) seine innere Anlagen umfassender beleuchtet und (2) sich auf den Weg der inneren Reifung und Verwandlung begibt.
Anders ausgedrückt geht es um die Förderung einer tieferen, freieren und umfassenderen menschlichen Entwicklung, die sich in den Begriffen EIGENSTÄNDIGKEIT und HINGABEFÄHIGKEIT widerspiegelt.

Der Mensch empfängt das Entscheidende aus seinen eigenen Tiefen – denn es sind die Tiefen der Welt. Daher betont Müller in seinem Buch sowohl das Individuelle und die Selbstförderung und beharrt gleichzeitig darauf, dass sich das Individuelle jenseits seiner selbst erfüllt. In einer größeren Wirklichkeit verliert sich der Einzelne in gewissem Sinn und findet sich erst dort in einem wahrhaft tieferen Sinn wieder.
Diesen tieferen Sinn, die Sehnsucht nach größeren Zusammenhängen gibt uns das gegenwärtige äußere System nicht. Es versucht uns zu beschleunigen, mit immer neuen Eindrücken zu überfrachten und in einem materiellen Konsumrausch zu betäuben. Aber erst in uns selbst finden wir einen tieferen Sinn unseres Lebens. Er führt uns dann wieder hinaus in die Welt – dann jedoch offener und freier.
Müller zeigt Entwicklungswege auf, die im Großen und Ganzen aus 3 Schritten bestehen:
  • Sich befreien (die äußeren Abhängigkeiten erkennen)
  • Sich finden (Gefühle, Gedanken, Prägungen, Anlagen, Schwächen etc.)
  • Sich überschreiten und nach außen treten.

Im dritten Kapitel zeigt er Ansätze der Veränderungen auf und bezieht sich dabei auf (1) Maßnahmen jedes Einzelnen, (2) wie man diese im Alltag umsetzen kann, (3) welche Rolle Gemeinschaft und (4) Politik spielen können.
Auch Müllers Buch ist ausgesprochen lesenswert. Schön, dass es sich neben der genauen Betrachtung psychologischer und sozialer Missstände nicht um ein weiteres Buch mit Glücksformeln handelt sondern nur es sich als Orientierung für die eigene innere Arbeit versteht.
Die Überlegungen sind vor allem mit Blick auf den Begriff der Individualisierung und deren Wahrhaftigkeitsgehalt sehr lohnenswert.