24 Januar 2009

Politik ?

Leider ist der Begriff der Politik in letzter Zeit - vermutlich aber wohl in der ganzen Menschheitsgeschichte - in Misskredit gekommen. Dies mag an einigen Exemplaren ihrer Zunft liegen oder tiefere Gründe haben.
Inspiriert vom neuen amerikanischen Präsidenten und ermutigt im Glauben, dass politisches Handeln, die Welt in ihrer Entwicklung positiv beeinflussen kann, stellte sich mir die Frage, was der Begriff Politik überhaupt bedeutet und welche Wurzeln er hat. Wie grenzt er sich zu Begriffen, wie z.B. dem Staat und seinen Instanzen ab und reicht er nicht weit in unser alltägliches Handeln hinein?

Schon bei Wikipedia stieß ich auf eine Fülle von Definitionen.
Im Kern scheint mir der kurze Einstieg sehr treffend:
"Der Begriff Politik wird aus dem griechischen Begriff Polis für Stadt oder Gemeinschaft abgeleitet. Er bezeichnet ganz allgemein ein vorausberechnendes, innerhalb der Gesellschaft auf ein bestimmtes Ziel gerichtetes Verhalten. Hauptsächlich wird mit diesem Begriff die Gestaltung der Ordnung in der Welt bezeichnet."

Dies trifft für viele unserer eigenen Handlungen zu. Sind wir deshalb gleich alle Politiker? Vielleicht von Zeit zu Zeit? Es könnte uns zumindest dazu ermuntern, uns der Auseinandersetzung mit den Problemen der Welt und unseres direkten Umfeldes zu stellen, den gegenseitigen Austausch zu suchen und an die Veränderbarkeit der Welt zu glauben.

Ethik versus Religion ?

Bisher habe ich mich mit dem in Berlin tobenden Streit zwischen Befürwortern des Ethik-Unterrichtes und den Pro-Reli Vertretern noch nicht wirklich beschäftigt.
Obwohl ich mich vor einiger Zeit fast schon einmal von Pro-Reli Vertretern zu einer Unterschrift überreden ließ. Begriffe wie Religions- und Wahlfreiheit klingen erstmal gut und richtig.

Juli Frank bezieht Stellung und hält ein recht überzeugendes Plädoyer für den Ethik-Unterricht. Ich finde Vieles sehr einleuchtend und nachvollziehbar. Vor allem wohl auch, da ich der Meinung bin, dass es staatliche Aufgabe ist, Räume des Austausches widersprechender Ansichten, Meinungen und Glaubensrichtungen zu schaffen. Die Förderung von Toleranz, das Aufräumen mit Vorurteilen oder die Erkenntnis und Annahme gemeinsamer rechtstaatlicher Werte und Menschenrechte, zu der sich der Ethik-Unterricht wohl besser eignet, scheint mir wichtiger als der trennende Unterricht der einzelnen Religionsgemeinschaften.

Gleichzeitig habe ich tiefen Respekt vor jeder einzelnen Religion und bin der Überzeugung, dass unsere Welt Antworten auf tiefere Fragen nach unserer Herkunft, nach Gott und unseren Werten braucht. Dazu können die einzelnen Religionen Angebote machen und spielen eine wichtige Rolle. Nicht im Sinne eines bloßen Nachbetens sondern in der intensiven Auseinandersetzungen und persönlichen Vertiefung.
Ich würde mir wünschen, dass die Vertreter der Pro Reli-Seite erkennen würden, dass dies am ehesten in der lebendigen Diskussion mit Nicht-Gläubigen oder Anhängern anderer Religionsgruppen möglich ist und mehr Kraft entwickeln kann. Dies nicht in der Abgrenzung sondern in der Erkenntnis, dass alle Religionen ähnliche Prinzipien einen, zum Beispiel alle uns einen tieferen Sinn geben wollen und uns in der Welt verankern.

In einer Welt - vor allem aber in Berlin, in der sich unterschiedliche Wertvorstellungen, Kulturen, Religion überlagen und manchmal nur durch dünne Hauswände getrennt sind, scheint mir wichtig, dass auch der Staat Räume des Austausches schafft, um Einsichten, Gemeinsamkeiten und Toleranz gegenüber dem Anderen zu fördern. Dies ist in separaten Klassenzimmern für jede einzelne Religionsgruppe, so wie es die Pro-Reli-Vertreter fordern, nicht so gut möglich wie in einem gemeinsamen Unterricht.

Der unvoreingenommene Überblick über die Weltreligionen, die Bedeutung von Religion für unsere Geschichte, Kultur kann gut im Rahmen des Ethik-Unterrichtes stattfinden. Gemeinsam und für alle, ganz im Sinne unserer europäischen Wurzeln der Aufklärung.
Dann würde sich der Staat auf die Förderung gegenseitigen Verständnisses konzentrieren, und die Religionsausübung den Kirchen selbst überlassen.
Eine vermittelnde Lösung, die allen Seiten Rechnung tragen und dazu einem größeren gesamtgesellschaftlichen dienen würde.

Ein sensibles Thema, das in den Diskussion häufig durch überschäumende Steitereien und Intoleranz geprägt ist.
Zwei sehr erhellende Beiträge, die klare Position beziehen, finden sich in der Zeit (Pro Reli / Pro Ethik).

22 Januar 2009

Wieder einmal: Naher Osten!

Der scheinbar niemals enden wollender Konflikt ist wieder militärisch aufgeflammt. Jeder Schuss und jede Rakete helfen, den Konflikt zu verlängern und nicht zu beenden. Jede Partei beschuldigt die andere, aber von Anerkennung des Leides und der Not der anderen Seite keine Spur. Dabei sind es Zivilisten, ganz normale Familien, die auf beiden Seiten in täglicher Angst leben und um ihr Leben fürchten.
Manchmal muss man akzeptieren, dass zwei Konfliktparteien allein nicht in der Lage sind, zu einer Lösung zu finden. Das gilt vor allem dann, wenn jegliches Mitgefühl füreinander - nicht nur bei Militärs und Politikern sondern in den zivilsten Kreisen einer Gesellschaft abhanden gekommen ist.

Seit Jahrzehnten sucht die Welt für eine Region nach einer Roadmap für den Frieden und ab und zu schien man, einer Lösung recht nah zu sein. Vielleicht sind es wirklich nicht die großen Plänen sondern die kleinen Schritte, die diese Region braucht. Für Gaza scheint mir wichtig:

1. Befriedung und Sicherung der Waffenruhe
2. Überwachung des Friedens durch Dritte
3. internationale Sicherung der Grenzen (schrittweise Öffnung der Grenzen unter Kontrolle)
4. Aufhebung der Wirtschaftssanktionen
5. bei Verstößen Sanktionen durch Dritte und klare Benennung des Verursachers (sowohl bei Raketenbeschüssen der Palästinenser als auch militärischen Interventionen und wirtschaftlicher Blockade der Israelis)
6. gegenseitige staatliche und territoriale Anerkennung aller ! beteiligter Parteien
7. Förderung des Wiederaufbaus
8. Förderung gemeinsamer Kulturprojekte
9. Naher Osten als waffenbefreite Zone

Viele Punkte und ein scheinbar aussichtlos langer Weg.
Ich bin der Überzeugung, dass den arabischen Staaten bei der Vermittlung eine wichtige Rolle zukommt und die Anerkennung Israels von großer Bedeutung ist.
Gleichzeitig wird es ohne Einbindung der politischen Kräfte Palästinas (auch der Hamas) keinen dauerhaften Frieden geben. Alle Initiativen unter Ausgrenzung der Hamas scheinen mir fraglich.
In der Berliner Zeitung vom 17. / 18.1.09 beschreibt Martina Döring (Kein Wiederaufbau für den nächsten Krieg), dass ein dauerhafter Frieden nur mit der Hamas möglich ist.
Neben ihr gibt es zur Zeit keine politische Kraft, die in der Lage wäre, sich um Strom, Abwasser
und die Lebensmittelversorgung zu kümmern. Nur sie ist ggw. in der Lage die Einhaltung eines Waffenstillstandes durchzusetzen. Sie allein kann ggw. verhindern, dass die totale Anarchie ausbricht, so Martina Döring.

Sie plädiert dafür, dass vor Beginn des Wiederaufbaus in Gaza und vor der wirtschaftlichen Sanierung praktische und grundlegende Probleme gelöst werden müssen. Dies beginnt damit, dass der Boykott der internationalen Gemeinschaft gegenüber der Hamas aufgehoben werden muss und sie als Partner für den Wiederaufbau akzeptiert werden muss. Immerhin ist sie eine demokratisch gewählte Vertretung. Darüber hinaus ist eine völlig andere Nahostpolitik und sie fordert eine Politik der kleinen Schritte, ähnlich wie bereits oben dargestellt: Waffenstillstand, Überwachung durch Dritte, klare Bennungen und Ahndung von Verstößen, Aufhebung der Wirtschaftssanktionen.

Hoffen wir, dass sich die politischen Machhaber für den Dialog entscheiden und mit der internationalen Gemeinschaft zu einer dauerhaften Lösung kommen.
Sicher kann dabei Mitgefühl für das Leid der anderen Seite und zukünftiger Generationen nicht schaden.